Der Chef, mein Freund, der es nicht ist
Rollenspiele sind in der Pädagogik ein Mittel, authentischer Inhalte zu vermitteln. Sie sind stets angekündigt und erläutert, mit einem klaren Ende und einer Reflexion, um zu vermeiden, dass sie auf die Realität unreflektiert weiter wirken. Als Leitung oder Vorgesetzter mit Angestellten die Rollen zu tauschen, muss genauso klar in einem Rahmen stattfinden. Dass sich Vorgesetzte asozial benehmen, um sich vielleicht mit Mitarbeitern oder Benachteiligten solidarisch zu zeigen, ist solange gut, wie es klar ist und nicht dazu führt, dass sie von Mitarbeitern wie ihresgleichen behandelt werden, ohne dass sie sie ernst nehmen. Daraus können sich Macht- und Zuständigkeitsverhältnisse verschieben und die Autorität kann verloren gehen - und mit ihr der Respekt. Wer immer mit Distanz führte, kann nicht plötzlich der Gruppenleiter in einem Verband werden, in dem sich alle duzen und gerne mögen, ohne dass Komplikationen auftreten, insbesondere, wenn der Unterschied in den Fähigkeiten oder der Qualifikation und den Funktionen sehr groß ist.
Vor allem muss man, wenn man als Gruppenleiter agieren möchte, diejenigen ernst nehmen, die am Wochenende auf die Straße gehen (wie in Stuttgart geschehen) und die Schaufenster jener einschlagen, die vielleicht Geschäftspartner sind. Und dann kann man erst recht nicht wieder plötzlich aus Distanz Chef sein und Leute entlassen, ausser man hätte damit gar nichts zu tun. Unklare Führungsrollen können Brandherde entfachen, die man nicht mehr löschen kann.
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