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Führungsfragen

18 Décembre 2020 , Rédigé par Madeleine Staeheli Toualbia Publié dans #clip mensuel

Königs- und Fürstenhäuser, insbesondere das englische mit Prinz Harry und Lady Meghan, Herzogin von Sussex, geben sich persönlich und nahbar wie wohl selten zuvor. Dass Fürstin Charlène von Monaco zur jährlichen Weihnachtsbaumzeremonie für ihre Bürger über der Corona-Schutzmaske einen Punkhaarschnitt mit zur Hälfte rasiertem Kopf zur Schau trug, ist hingegen vergleichsweise überraschend, da das monegassische Fürstenhaus bisher den Trends zu widerstehen schien, sich äusserlich nicht allzusehr von den Menschen abzuheben, die ihm normalerweise ehrerbietig die Hand schütteln (möglicherweise sogar Punks), abgesehen von früheren Berichten über Eskapaden von Fürst Albert und seinen Schwestern Prinzessin Caroline und Prinzessin Stephanie. Somit war die Distanz gewahrt.

Eine Punkfrisur sagt etwas aus, und ob man sich zur Punk-Bewegung bekennt oder nicht ist daraus nicht zu lesen. Trüge sie Modeschöpferin Vivienne Westwood, könnte man auf eine Haltung schliessen, die der Mode unter Umständen näher steht als der Punkbewegung, daher kann nicht jeder in verantwortlicher Position eine Punkfrisur tragen – was sich zudem auch widerspricht. Und auch wenn man dies ganz und gar nicht in solch strikten Definitionen sieht, so dürfte man hier trotzdem keine Denkfehler machen. Auf welche Weise würde oder müsste eine Fürstin mit Punkfrisur ihre Bürgerinnen und Bürger ansprechen? Punk ist eine Bewegung und wer sie ernst nimmt, lebt dadurch eine Haltung, so wie sie durch Äusseres und auch Auftreten im allgemeinen ausgedrückt wird, auch immer als Spiegel der Wirkung auf die Umwelt. Wenn die Haltung nicht zur Erscheinung passt, löst dies Irritation aus. Daher kann ein Punk ernster genommen werden als eine Fürstin, die eine Punkfrisur trägt.

Das Problem der Solidarisierung mit gesellschaftlich weniger Profilierten liegt hier, dass Attribute übernommen werden, jedoch nicht die Haltung. Dies ist auch das Problem von Personen, die sich in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen bewegen, ohne die jeweiligen Codes zu übernehmen. Die Grenze zur Bezeugung von reinem Wohlwollen ist am Beispiel der Frisur der Fürstin von Monaco wahrscheinlich überschritten, auch dann, oder gerade dann, wenn sie zu andern Anlässen die Haare vom Scheitel nach unten kämmt und wieder sehr fürstlich wirkt - auch wenn das eine Weile gutgehen kann.

Pressetexte deuten auch gerade an, man dürfte aufgrund der Punkfrisur der Fürstin auch etwas informeller und kollegialer werden, denn wer so aussieht, kann oder möchte nicht als Fürstin angesprochen werden. Zumindest lehrt man solche Sätze Jugendliche für ihre gesellschaftliche Zukunft. Dass der Hochadel in der Lage ist, gesellschaftliche Realitäten dahingehend zu verändern, dass Punkfrisuren zu Merkmalen der herrschenden Schichten werden, die man nachahmt, mag zur Punkbewegung bezweifelt werden. Wenn Fürstin Charlène von Monaco in der Lage ist, eine Punkhaltung und damit Authentizität zu verkörpern, dann ist die Distanz hergestellt, wenn sie sich gleichzeitig auch als Fürstin und somit als Autorität darstellt, ohne hier die Frage zu klären, was dies für die staatlichen Bedingungen bedeutet. Andernfalls kann aufgrund von Verwässerung des persönlichen Profils ein irreparables Führungsproblem drohen. Die einzige Möglichkeit, dies zu verhindern, wenn der Schaden bereits angerichtet ist, ist die Durchsetzung der funktionalen Autorität kraft des Amtes, was nahelegt, dass auch Massnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung bis hin zu repressiven Mitteln erforderlich sein können, aus der sich eine natürliche Autorität nicht mehr ohne weiteres herstellen lässt – oder der Einsatz eines Doubles, das dafür gesellschaftliche Vorzüge geniesst, von dem man sich ohne weiteres trennen kann.

(Im Sinne der Solidarität in der Covid-19-Pandemie wird dieser clip mensuel noch einmal kostenlos veröffentlicht.)  

 

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