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Der Schutz vor der Pandemie

9 Avril 2020 , Rédigé par Madeleine Staeheli Toualbia Publié dans #clip mensuel

Europa ist neben den USA weltweit am stärksten von Infizierungen mit der Virurs-Erkrankung Covid-19 und Todesfällen betroffen, manche Länder gar stärker als China, wo das Virus zuerst auftrat. Weitere Länder in Asien, Länder in Afrika und Südamerika sind bisher vergleichsweise verschont geblieben. Man tut in Europa alles, so scheint es, die Ansteckungsgefahr zu mindern. Zum eigenen Schutz und zu jenem der andern soll man sich oder muss man sich in der Bewegungs- und Handlungsfreiheit einschränken. Einige Länder erlassen Regeln und bestrafen deren Übertretung, andere setzen auf Verhaltensinformation und Selbstverantwortung. Risikogruppen sollen zu Hause bleiben – auf unbestimmte Zeit, ein gravierender Einschnitt in die persönliche Freiheit. Es geht um deren Schutz und Artikel 48 der Weimarer Verfassung verdeutlicht die damit verbundene Absicht: „Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Massnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zweck darf er vorübergehend die (…) festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil ausser Kraft setzen.“ (Agamben, Giorgio. 2016. Homo sacer, 11. Auflage, Frankfurt am Main, S. 176) Auf dieser Grundlage konnte in der Weimarer Republik eine Schutzhaft erfolgen, unter den Nationalsozialisten später wiederum Grundlage für eine Internierung. Lager und damit auch Quarantänen sind daher nach Giorgio Agamben eine Folge des Ausnahmezustandes, nicht des Rechts.

Hier stellt sich die Frage, ob eine Pandemie wie Covid-19 mit dem geltenden Recht begegnet werden kann oder ob dazu ein Ausnahmezustand festgesetzt wird. Bestehen Gesetze und reichen Sie aus, der Gefahr zu begegnen, oder werden neue Gesetze erlassen, die über die Pandemie hinaus Gültigkeit besitzen, bewegen wir uns im Rahmen des Rechts und der „normalen Ordnung“ (S. 178). Wird eine Verordnung erlassen, die nur für die aktuelle Pandemie Gültigkeit besitzt, so handelt es sich um eine Regelung des Ausnahmezustandes. Der Schutz vor der Gefahr ist damit gleichzeitig der Schutz des Ausnahmezustandes (S. 177) oder der Pandemie. Ausnahmezustand bedeutet, sich zumindest in Teilbereichen ausserhalb des sonst geltenden Rechts zu bewegen, womit grundsätzlich möglich wird, die Einhaltung einer Verordnung ausserhalb des Strafrechtes zu kontrollieren und durchzusetzen, was die Bürger ihrer gesetzlich festgelegten Verteidigung beraubt. Unbestimmtheit von Regeln kann ein weiteres Merkmal des Ausnahmezustands darstellen, was zu unterschiedlicher Auslegung in der Anwendung der Kontrollen führen kann. Man bewegt sich ausserhalb der polis, in der das Recht objektiviert wurde und sich durch eine eigene Existenz auszeichnet. Der Ausnahmezustand kann nicht in die normale Ordnung übergehen, er muss aufgehoben werden, sofern beispielsweise nach bestehenden rechtsstaatlichen Regelungen das Parlament über die Gesetze entscheidet, aber nun die Exekutive in einem Schnellverfahren die Verordnung für den Ausnahmezustand erlässt, wenn im normalen Recht dazu keine Legitimierung bestünde. Zu überlegen ist zudem, in welcher Weise ein unbekanntes Virus, somit eine Gefahr aus dem Naturzustand (zōë), zur Annahme führt, durch einen Ausnahmezustand könne ihr begegnet werden, indem eine Annäherung an den Naturzustand erfolgt, den der Ausnahmezustand bezeichnet, denn es ist zu bedenken, dass der Souverän oder Teile des Souveräns, nur in Abgrenzung zum Ausnahmezustand existierend, über den Ausnahmezustand entscheiden. Daher ist – auch eine begrenzte – Rückkehr zum Naturzustand durch den Souverän nicht durchführbar.

http://www.blocksatz.over-blog.com

 

Aufgrund eines technischen Problems wird der clip mensuel für April 2020 vollständig und kostenlos angezeigt. 

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