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Bürgerlichkeit und das Fundament des Totalitarismus

8 Janvier 2020 , Rédigé par Madeleine Staeheli Toualbia Publié dans #clip mensuel

Das amerikanische Verteidigungsministerium mit Oberbefehlshaber und Präsident Donald Trump ermordet am 3. Januar den ranghohen iranischen General Kassem Soleimani und die Welt reibt sich die Augen. Bis vor einigen Monaten war ein solches Verfahren nur für als Terroristen deklarierte Personen vorgesehen. Das Säbelrasseln gegen den Iran ist nichts Neues, doch würde man normalerweise eine Kriegserklärung gegen einen souveränen Staat wie den Iran erwarten, und dabei nicht eine, die mit der Tötung eines iranischen Offiziers beginnt, zu welcher anschliessend lapidar verlautet, die Welt sei besser ohne ihn, da er für zahlreiche Gewalttaten verantwortlich sei, während man über einen inoffiziellen Krieg zwischen US-Truppen und mit dem Iran verbündeten Milizen in Syrien und im Irak in der westlichen Öffentlichkeit wenig weiss.

Wenn man gerade das Weihnachtsfest gefeiert und sich fürs neue Jahr trotz aller Widrigkeiten alles Gute und persönliches Fortkommen gewünscht hat, der Weihnachtsschmuck noch an den Häusern und Gärten in den bürgerlichen Vierteln hängt, die Stille von Heiligabend nachwirkt und noch der letzte Kuchen gegessen sein will, bevor der Dreikönigstag nochmals die Feier in Erinnerung ruft, haben viele wohl wenig Verständnis dafür, dass man sich auf die Taten von  Machthabern einlassen sollte, die das globale Geschehen dirigieren, unter Umständen auch eigene, und sie sich als gewaltbereite Personen vorstellen und von der Annahme Abstand nehmen sollte, dass eine Seite besser sei als die andere, was auf diese Weise zur Rechtfertigung der staatlichen Vorgehensweisen deklariert wird, dass man sich eigentlich im Krieg wähnen und dafür Verantwortung übernehmen muss. Position beziehen kann man, wenn man sich zum Jahresauftakt einlassen möchte oder dazu gezwungen sieht, zurück mit Blick in die Welt aus dem Rückzug ins Private. Doch den Bürgern das Recht auf ein normales Leben zu nehmen, ist weder mit Aufgaben- und Pflichtenverteilungen des Staates vereinbar noch die Aufgabe der Medien.

Was hat die Ermordung des iranischen Generals also mit der bürgerlichen Gesellschaft zu tun? Säbelrasseln und Kriegsgeflüster kann sich ohne weiteres an bürgerlichen Überzeugungen orientieren. Bürgerliches Leben kann sehr stark eine „wesentliche Erfahrung des faktischen Lebens“ nach Heidegger sein, „in der es unmöglich ist, zwischen Leben und seiner wirklichen Situation, zwischen dem Sein und seinen Seinsweisen zu unterscheiden (…), zwischen Empfindung und Bewusstsein, Ich und Welt, Subjekt und Eigenschaft“. (Agamben, Giorgio. 2016. Homo sacer, 11. Auflage, Frankfurt am Main, S. 159) Für das Dasein steht in seinen Seinsweisen das Sein selbst auf dem Spiel. Hier wird der homo sacer, das nackte Leben, „auf dessen Absonderung sich die souveräne Macht gründete, jetzt (…) unmittelbar politisch (…)“. (S. 168) Agamben verweist am Beispiel des Nazismus darauf, dass dieser sich in der Philosophie Heideggers bedienen konnte, etwa in der Gleichsetzung von Leben mit Politik, doch gibt der Nazismus in der „Erfahrung der Faktizität“ (S. 161) die „ursprüngliche Inspiration“ (S. 162) auf und verwandelt sie in einen „biologischen ‚Wert‘“ (S. 161), etwa in den Fragen der Eugenik, unter Absonderung des homo sacer. In der Gleichsetzung von Leben mit Politik wird das Leben nach Agamben heilig und Politik die Ausnahme. Hier liegt „das Fundament des Totalitarismus unseres Jahrhunderts“. (S. 157) Krieg zu führen und Tötungen zu veranlassen ist somit stets eine totalitäre Handlung.

http://www.blocksatz.over-blog.com

 

Aufgrund eines technischen Problems wird der clip mensuel für Januar 2020 vollständig und kostenlos angezeigt. 

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